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Affen im Kopf

Die Affen sind los

 

Affen außer Rand und Band - und das im eigenen Kopf...

 

Im Kontext von östlichen Meditationen wird der Verstand gern als "Affen-Verstand" bezeichnet, da er die Eigenschaft hat, wie ein junger, ungestümer Affe herum zu springen. 

 

In einem Kinderlied findet sich diese Anschauung etwas banaler ebenfalls:  "Die Affen rasen durch den Wald, der eine macht den andern kalt - die ganze Affenbande brüllt: ... ...!"

 

Es gibt noch vielfältige Umschreibungen und Begriffe für dieses Phänomen: Gedanken fahren Karussell im Kopf, drehen sich im Kreis, Gedankenstrudel, Gedankenspirale, Gedankenkreisel ... 

 

Keine Chance gegen rasende Affen? Doch, die gibt es!

 

In diesem Beitrag stelle ich einige Methoden aus den Bereichen der Achtsamkeit (MBSR), Gestalttherapie und systemischen Beratung vor, um einen Weg aus dem Gedankenwirrwarr herauszufinden. 

Erst einmal muss es uns bewusst werden,  wenn wir uns gerade mal wieder in endlosen Gedankenschleifen befinden. Das ist schon mal gar nicht so einfach. Meist sorgt eine schlechte allgemeine Stimmung dafür, dass wir bemerken, wie wir ständig immer nur dasselbe denken und uns mit denselben Problemen beschäftigen. Mit der Zeit und ein wenig Übung kann man immer schneller erkennen, dass es wieder so weit ist und man seinen Affen im Kopf zu viel Beachtung schenkt. Dann kann eine der folgenden Methoden dabei unterstützen, wieder mehr Gelassenheit und Zufriedenheit zu finden. 

[Bildquelle: Stahlskulpturen von Liu Ruowang/ Nordart in Büdelsdorf]

 

Methode Nr. 1 - Kurzmeditation/ Atmen

Bewusst ein- und ausatmen und sich auf diesen Vorgang konzentrieren. Sich vorstellen, wie die Luft eingeatmet wird, ihren Weg durch den Körper nimmt und wieder ausgeatmet wird. Zu spüren, wie der Brustkorb sich hebt und senkt, das Geräusch der ein- und ausströmenden Luft wahrnehmen. Unterstützend wirkt dabei die Vorstellung eines passenden Symbols, wie z.B. eine Welle oder eine liegende Acht und diese vorgestellte Form in Gedanken synchron zum Atemfluss nachzufahren. 

 

Methode Nr.2 - Kurzmeditation/ Grounding

Die Aufmerksamkeit auf die Füße lenken. Spüren, wie sie mit dem Boden verbinden, Halt geben. Wahrnehmen, wie sich die Schwerkraft auswirkt, die Schultern, die Arme, die Beine. Leicht Hin und Herschwenken und genau beobachten, was in den Füßen passiert - wo werden sie z.B. mit Gewicht belastet, was gibt es noch zu entdecken... Sich einpendeln und zu einem festen Stand kommen. In Balance sein und nachspüren. Das kann man noch zu einer Gehmeditation ausbauen und langsam und bewusst durch den Raum gehen. Eventuell mit unterschiedlichen Tempi spielen und mal auf Zehenspitzen oder mal auf den Fersen gehen. Unterschiedliche Stimuli schaffen und immer wieder mit der Aufmerksamkeit zur Wahrnehmung der Füße zurückkehren. 

 

Methode Nr. 3 - Kurzmeditation/ Gedanken ziehen lassen 

Konzentration auf die Atmung und Sinnesempfindungen. Auch die Gedanken wahrnehmen und registrieren, ohne sie zu bewerten und ohne darauf emotional zu reagieren. Sich vorstellen, dass die einzelnen Gedanken kommen, kurz da sind und dann weiter ziehen. 

Eine Variation ist, jeden Gedanken jeweils mit einem Etikett, einem Oberbegriff zu versehen, z.B. "Erinnerung", "Planung", "Sorge", ... Der "Trick" ist, dass die Gedanken zwar Beachtung finden, diese jedoch im Maße bleibt. Wir bleiben außerhalb des Gedankenstrudels, sind nur Beobachter und fühlen uns nicht den eigenen Gedanken ausgeliefert.

 

Methode Nr.4 - Bewegung und Ortswechsel 

Räumliche Veränderung verbunden mit gleichmäßiger körperlicher Betätigung schafft Entlastung. Wenn möglich, bringt eine kurze Joggingrunde oder ein schnelles Gehen um den Block einen neuen Blickwinkel. Frische Luft wirkt sich immer positiv auf das Körpersystem aus, versorgt uns mit Sauerstoff, alles weitet sich. Endorphine werden schon nach 30 Minuten kontinuierlicher Bewegung an der Belastungsgrenze ausgeschüttet und hellen die Stimmung auf und der Kopf ist plötzlich wieder frei. 

Wenn man nicht die Möglichkeit hat, mal eben an die frische Luft zu gehen, kann man sich auch mit kurzen Dehn- und Streckbewegungen oder Yogaübungen helfen.

Wichtig ist, das der Fokus auf den Körper gelenkt wird und die "Affenbande im Kopf" dadurch automatisch zur Nebensache wird.

 

Methode Nr.5 - Gedankenstopp

Ein antrainiertes Signal, z.B. das laut gesprochene Wort "Stopp", eventuell verbunden mit einer passenden Geste, kann aus dem Gedankenstrudel hinaus führen. Durch das regelmäßige Anwenden eines solchen Signals, speichert das Gehirn die positive Wirkung ab und verknüpft mit dem Schlüsselwort die Möglichkeit, aus dem Gedankenkarussel auszusteigen. 

Man kann sich auch einfach ein Stoppschild vorstellen, wenn man keine Möglichkeit hat, laut zu sprechen. Ebenso wirksam ist die Erzeugung eines "sanften" Schmerzes, wie z.B. sich in den Arm zwicken oder sich mit einem Silikonarmband zu schnipsen. 

Wichtig bei dieser Methode ist eine bewusst vorgenommene Änderung der Körperhaltung und ein bewusstes An-etwas-anderes-Denken, während man laut Stopp sagt, sich ein Stoppschild vorstellt, oder sich leichten Schmerz zufügt. 

Diese Intervention stammt aus den 1950er Jahren und wurde im Kontext der Verhaltenstherapie entwickelt.

 

Methode Nr.6 - Bodyscan (MBSR)

Wenn Gedanken daran hindern in den Schlaf zu finden... ich praktiziere dann sehr gern den Bodyscan, eine Übung aus der Achtsamkeit (MBSR)- dabei wandert man gedanklich durch den eigenen Körper, beginnt z.B. bei den Füßen und arbeitet sich Stück für Stück weiter hoch. Alles wahrnehmen, was sich zeigt - Kälte, Wärme, Kribbeln, Unwohlsein... Als würde man den eigenen Körper von innen heraus abscannen. Die Konzentration auf die Körperwahrnehmung beruhigt und erdet. Meist funktioniert der Bodyscan bei mir zuverlässig, auch wenn diese Übung ursprünglich nicht als Einschlaf-Hilfe gedacht war...

 

Und wie geht die Gestalttherapie mit rasenden Affen um?

Wir Gestalttherapeuten lassen die "kreischenden Affen" erst mal da sein und schenken ihnen Beachtung. Gleichzeitig nehmen wir auch alle andern Empfindungen in den Fokus. Was gibt es sonst noch an sich selbst zu entdecken, was kann man sonst im jeweiligen aktuellen Moment wahrnehmen? Welche körperlichen und emotionalen Regungen zeigen sich, wo werden Gefühle deutlich und welche neuen Gedanken entstehen gerade... ? Sobald wir unseren Blickwinkel verändern und öffnen, wird uns der gedankliche Affenzirkus nicht mehr so stark in seinen Bann ziehen. Stattdessen wird er umrahmt werden von einer Vielfalt an gegenwärtigen  Gedanken, Gefühlen, Empfindungen und Erkenntnissen, die genauso existent sind. Alles, was erlebt wird, ist gleichberechtigt und gleich bedeutend. Wir sind viel mehr als die Gedanken, die endlos umher kreisen und wie Affen immer um sich selbst springen!

Indem wir unseren Blickwinkel erweitern, finden wir zurück zu unserem Gleichgewicht.

 Fritz Perls, Begründer der Gestalttherapie, formulierte das so: "Lose your mind and come to your senses"  ...